Von Norden nach Süden

Um 00.30 Uhr klingelt der Wecker. Nach ein paar wenigen Stunden schlaf verladen wir das Gepäck und die schlafenden Kinder ins Auto. Um kurz nach 4.00 Uhr kommen wir am Flughafen Genf an. Wir quetschen unser Auto in eine Parklücke im Langzeitparking, laden Kinder, Gepäck und Kindersitze aus und machen uns durch den Regen auf den Weg zum Flughafengebäude. Nach erfolgreicher Gepäckaufgabe und Sicherheitskontrolle heben wir um 6.45 Uhr pünktlich Richtung Tirana ab.

Am Flughafen Tirana geht alles so schnell, dass wir bereits eine Stunde zu früh, um kurz nach 9.00 Uhr vor der Autovermietung stehen. Nach dem üblichen Papierkram bringt uns der Autovermieter voller Motivation in die hinterste Ecke des Parkplatzes um uns den SUV (eigentlich haben wir einen Bus gemietet aber sie haben wohl keinen) zu übergeben. Der Skoda mit Baujahr 2021 ist in bestem Zustand und wir bringen mit etwas drücken auch alles Gepäck rein.

Den ersten Halt Richtung Norden legen wir kurze Zeit später in Kruja ein. Durch die sehenswerte Basargasse spazieren wir auf das Gelände der Burg von Kruja. Die Burg ist das Nationalheiligtum der Albaner und gelangte durch den Nationalhelden Skanderberg an Berühmtheit. Dank Skanderberg konnte sich Albanien im 15. Jahrhundert über Jahrzehnte gegen das Osmanische Reich wehren. Das auf dem Gelände gelegene Restaurant überzeugte uns und so legten wir einen Mittagshalt ein.

Zwei weitere Stunden Autofahrt bringen uns in den nördlichsten Badeort Albaniens, nach Velipoja. Durch die menschenleere Strasse, zwei Mal um die Ecke und schon stehen wir direkt am Strand vor unserem Häuschen. Viel näher am Meer kann man kaum Wohnen. Die Kinder springen, trotz bedecktem Himmel, bereits zum ersten Mal vergnügt ins Meer.

 

Es ist windig und ziemlich frisch. Ausgeschlafen machen wir uns auf einen Strandspaziergang Richtung Ortszentrum. Der Strand ist fast menschenleer. Wo in der Hochsaison ein Liegestuhl am andern steht herrscht gähnende Leere. Im Zentrum finden wir ein Restaurant das geöffnet hat. Nach einer zusätzlichen Runde durch das verlassene Städtchen essen wir in diesem Restaurant zu Mittag. Den Nachmittag verbringen wir um unser Häuschen. Am Abend machen wir uns über eine Buckelpiste und durch einen Wald mit dem Auto auf zum zweiten geöffneten Restaurant, etwas Abwechslung muss ja sein. Auch dort werden wir, als fast einzige Gäste, vorzüglich verpflegt.

 

Montag, es regnet. Trockene Abschnitte wechseln sich mit Regen ab und so entscheiden wir uns, eine Auto-Safari zu unternehmen. Wir fahren quer Feldein, vorbei an Schweinen, Kühen, Ziegen und Hühnern, kaufen für Simon Hustensirup (steht zumindest auf der Packung) und finden noch mehr verlassene aber leider auch verschmutzte Strände. Bei strömendem Regen machen wir uns wieder auf ins „Abendessen-Restaurant“. Seichnass kommen wir zurück in unser Häuschen und stellen fest, dass es nicht ganz dicht ist. In der Küche und im Wohnzimmer ist der Boden nass. So bauen wir mit Handtüchern Barrieren und fangen das Wasser mit einer Schale auf. Begleitet vom tosenden Meer und Starkregen schlafen wir mehr oder weniger entspannt ein.

 

Nach dem Aufwachen stellen wir fest, dass wir nun sogar ein Häuschen am See haben. Der Garten steht mehr oder weniger unter Wasser. Wir packen unsere Sachen und verlassen das ausgestorbene und nasse Velipoja.

Eigentlich war geplant nach den drei Nächen in Valepoja in Richtung Koman zu fahren um den dortigen Stausee und deren Seitenarme zu besuchen. Die schlechten Wetterprognosen führten aber zu einer Planänderung. Zum Glück hatten wir nur die drei Nächte in Valepoja fix gebucht. So waren wir flexibel um unser Programm anzupassen.

Unser Ziel ist Tirana, bei Regenwetter macht es sicher mehr Sinn in die Hauptstadt zu fahren als in die Berge. Den ersten Zwischenhalt legen wir vor den Toren von Shkodra ein. Mit unserem 4x4 schaffen wir es die holperige Strasse hoch bis vor den Eingang der Burg Rozafa. Wir besichtigen die Ruinen dieser eindrücklichen Burganlage. Der Legende nach musste der jüngste Bruder der Erbauer seine Frau einmauern lassen damit die Burg fertiggestellt werden konnte.

Den nächsten Halt legen wir auf dem Bauernhof Mirzi i Zanave ein. Den Agrotourismus-Betrieb haben wir schon vor längerem in einem Dokumentarfilm über Albanien gesehen. Es handelt sich um eines der angesagtesten Restaurants in Albanien. Es gibt keine Speisekarte, sondern wird einfach aufgetischt. Sämtliche Gerichte werden aus Produkten, welche vom Hof oder der nächsten Umgebung kommen zubereitet. Wir schlagen uns die Bäuche voll und auch beim bezahlen staunen wir. Alles zusammen kostet keine CHF 50.--. Unglaublich.

Satt und glücklich sind wir bereit für die letzte Etappe Richtung Tirana. Der Verkehr wird immer wie dichter und wir schlängeln uns durch das Gewusel ins Stadtzentrum. Die einfache Wohnung welche wir über Airbnb gebucht haben befindet sich mitten im Zentrum Tiranas. Freundlich werden wir von Toni und seiner Frau Bella in Empfang genommen. Wir kämpfen uns mit dem Gepäck durch die Baustelle vor dem Eingang und dann die Treppe hoch bis in den sechsten Stock. Das Treppenhaus lässt es nicht vermuten aber die Wohnung ist hübsch eingerichtet und bietet einen fantastischen Ausblick auf das Stadtzentrum. Die Vermieter haben bis vor kurzem selbst in der Wohnung gewohnt, sind aber wegen finanziellen Schwierigkeiten vor ein paar Wochen zu seinen Eltern gezogen und vermieten nun die Wohnung an Touristen. Nach einer Pizza um die Ecke wird uns der abendliche Spaziergang durch das Stadtzentrum zum Skanderberg-Platz zum Verhängnis. Kaum sind Doris und die Kinder auf dem Rösslispiel fängt es an in Strömen zu regnen. Wir eilen zurück zu unserer Wohnung, sind aber bis auf die Knochen nass.

 

Am Mittwoch sieht das Wetter schon etwas besser aus. Mit dem Auto (der öV ist etwas kompliziert) fahren wir an den Stadtrand um einen Bunker zu besichtigen. Bunk’Art ist ein Luftschutzbunker aus kommunistischer Zeit und die Gegend war früher eine Sperrzone. Heute wird in 176 Räumen, mittels reichlich Material und Videoinstallationen die Geschichte Albaniens von der italienischen Invasion unter Mussolini bis zur dunklen Seite des Regimes aufgezeigt.

Die Gondelbahn Dajti Ekspres bringt uns innert 15 Minuten auf den Hausberg Tiranas, auf den Dajtit. Die Aussicht auf die Stadt Tirana ist hervorragend, das Essen schmeckt, der Spielplatz macht Spass nur beim Minigolf müssen wir noch etwas üben. Nicht das Spielen sondern mehr der Umgang mit Sieg und Niederlage. Zurück im Stadtzentrum schlendern wir, diesmal im Trockenen, noch ein wenig durch die Strassen und Gassen.

 

Tschüss Tirana. Weiter geht es Richtung Süden. Schon fast traditionsgemäss besichtigen wir auch auf dem Weg nach Berat wieder eine Burg. Diesmal die Burg Petrela. Saknderbergs Schwester Mamica unterhielt hier ihre Residenz. Wir sind jedoch noch etwas früh dran und so unterhalten wir uns vor der örtlichen Schule noch mit einem Lehrer und trinken etwas im Dorfbeizli. Die anschliessende Besichtigung hält sich etwas in Grenzen da es eigentlich eher ein Restaurant ist als eine Burg mit vielen Informationen.

Auf Google haben wir, entlang dem Weg nach Berat ein Restaurant auf dem Lande ausgemacht. Auf gut Glück fahren wir hin und werden freundlich, jedoch fast ohne Englisch empfangen. Mit Händen, Füssen und Google Translate bestellen wir unser Mittagessen. Schon fast feierlich werden wir in einem separaten Raum neben dem Restaurant platziert. Das Essen schmeckt hervorragend und wir haben alle einen riesen Spass mit den Besitzern.

Nach nochmal rund einer Stunde Fahrt erreichen wir die UNESCO-Welterbe Stadt Berat. Freundlich werden wir von Susanna und Pepe, unseren Gastgebern für eine Nacht in Empfang genommen. Die äusserst albanisch eingerichtete Wohnung und der dazugehörige Garten inklusive Schildkröten gefallen uns. Nach einer kurzen Pause spazieren wir die steile gepflasterte Zufahrt hinauf in die befestigte mittelalterliche Altstadt. Die abendliche Aussicht auf das Osum-Tal ist unglaublich schön.

 

Gestärkt von einem leckeren Frühstück à la Susanna schlendern wir noch ein wenig durch die osmanisch-alabnische Stadt ehe wir unsere Reise Richtung Süden fortsetzen.

Beim nächsten Zwischenhalt reisen wir noch weiter zurück in der Zeit. Apollonia wurde in den Jahren 585 v. Chr. von Siedlern aus Korfu und Korinth gegründet und zählte bis zu 60‘000 Einwohner. Erst rund 5% der gesamten Stadt sind soweit ausgegraben worden. Auf dem Gelände befindet sich auch ein Kloster aus dem 14. Jh. Wir vertreten uns die Füsse, besichtigen alles was spannend ist und fahren dann weiter. 

Weitere zwei Stunden Fahrt führen uns durch wunderschöne Landschaften, vorbei an einfachen Behausungen, arbeitenden Eseln und die Strasse überquerende Ziegen. Am späteren Nachmittag erreichen wir die Küstenstadt Saranda. Wir beziehen unsere Ferienwohnung im sechsten Stock an bester Lage in der Bucht von Saranda und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

 

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