Donnerstag, Abreisetag. Wir verstauen alles in unserem Mietwagen und fahren los. In einem Supermarkt kaufen wir noch etwas Proviant für die lange Fahrt und schon geht es Richtung Landesinnere. Nach rund 1,5 Stunden Fahrt erreichen wir die Stadt Taroudannt. Wir stellen unser Auto vor den Stadtmauern auf einem bewachten Parkplatz ab. Wobei es uns schon wunder nehmen würde wie der ältere Herr unser Auto verteidigen möchte. Kaum ausgestiegen werden wir von einem netten Herren angesprochen. Er sei Berber und wolle uns durch die Stadt führen. Natürlich gratis. Wir sind ja nicht aus Gugelhopf und uns ist klar, dass am Ende um ein Preis gefeilscht werden muss. Erst verneinen wir aber nach ein paar Metern lassen wir uns trotzdem vom ihm führen. Als erstes führt er uns zur Moschee welche vom Erdbeben grosse Risse aufweist. Anschliessend führt er uns durch schmale Gassen im Zickzack durch die Stadt und in den Souk. Wir lassen uns von einem Steinmetz und Schmuck-Schmied deren Arbeit erklären und sind erstaunt, dass wir nicht zum Kauf der Kunsthandwerke gedrängt werden. Fast zum Schluss besuchen wir eine Kooperative von Berberfrauen welche das bekannte und teure Argan Öl herstellen. Wir lassen uns alles erklären und kaufen zum Schluss auch etwas kleines. Das hatten wir so oder so vor. Nach fast 1.5 Stunden im „Gewusel“ der Stadt bringt uns unser Guide wieder zurück zum Auto. Der von ihm genannte, horrende Preis handeln wir auf einen Viertel herunter und auch so haben wir sicher noch genug bezahlt. Trotzdem sind wir nicht unglücklich, hätten wir doch ohne ihn nicht so viel zu sehen bekommen.
Weiter geht es entlang der bestens ausgebauten Strasse Richtung Taliouine. Es wird immer wie bergiger und auch das Thermometer steigt auf 34°C. Nach nochmal 1.5 Stunden fahrt erreichen wir die Safran-Hauptstadt Taliouine. Bei Snack Adam legen wir einen späten Mittagshalt mit Tacos und Panini ein. Wie man das heutzutage macht schauen wir einfach jeweils um Google welches Restaurant in einem Ort am besten bewertet ist und dort machen wir Halt. So sind wir in letzter Zeit immer gut gefahren und im Gegensatz zu früher ist das enorm praktisch. Auf Plastikstühlen lassen wir uns die Snacks bedienen und einmal mehr hatte Google recht.
Wir fahren durch die wunderschöne Gegend des Antiatlas und erreichen nach weiteren 2.5 Stunden Fahrt die Kleinstadt Agdz im Drâa-Tal. Auf Anhieb finden wir unsere Unterkunft und wir werden herzlich von den Gastgebern empfangen. Unser Häuschen befindet sich inmitten der Palmen, umgeben von einem schönen Garten und ist traditionell aus Lehm gebaut. Im Innern liegen am Boden zahlreiche Berber-Teppiche. Wir fühlen uns sofort wohl. Das Abendessen geniessen wir auf der Terrasse unserer Unterkunft. Es gibt marokkanischer Salat, dünne Nudeln mit Poulet, Puderzucker, Zimt und Mandeln. Es schmeckt unheimlich gut.
Am nächsten Morgen werden wir von den Gastgebern mit einem reichhaltigen Frühstück verwöhnt. Nach der langen Fahrt vom Vortag, gehen wir den Tag langsam an. Wir lesen und machen Spiele und die Mädchen und Doris lassen sich von der Schwester der Gastgeberin die Hände und Füsse mit Henna verzieren. Erst am Nachmittag machen wir uns auf den Weg auf Nebenstrassen das Drâa-Tal zu erkunden. Anscheinend haben wir gerade das Ende des Freitagsgebets erwischt und so schlängeln wir uns mit dem Auto durch zahlreiche Männer in festlichen Gewändern welche aus der Moschee kommen. Bei der Kasbah des Caids machen wir Halt und lassen uns von einem Familienmitglied der Kasbah durch die Gänge und Räumlichkeiten führen. Ein Teil der grossen Wohnanlage ist restauriert und als Museum zugänglich. Die Gegend um Agdz galt früher als wichtiger Rastplatz für die aus Timbouktou über Zagora nach Marrakesch reisenden Handelskarawanen.
Unsere Fahrt geht weiter Richtung Zagora, bis Zagora ist es uns aber zu weit und so fahren wir auf der Hauptstrasse wieder zurück nach Agdz. Auf dem Dorfplatz genehmigen wir uns in einem Cafe etwas zu trinken. Da Sandro fast wieder stirbt vor Hunger macht sich Simon mit ihm auf die Suche nach einer Banane. Beim Gemüsehändler um die Ecke werden sie fündig und bereits zum dritten Mal bekommt Sandro die Banane geschenkt. Was blonde Haare eines kleinen Junge so bewirken können. Zum Abendessen gibt es leckeres Tajine.
Es geht weiter. Wir verlassen Agdz über den 1660 m hohen Pass Tizi n’Tinifif und erreichen nach einer Stunde Fahrt die Atlas Studios bei Ouarzazate. In diesen grössten Filmstudios Afrikas wurden Filme wie Game of Thrones, Galdiator, Kundun, Jesus oder Asterix & Obelix Mission Cleopatra gedreht. Wir kaufen uns die Eintrittskarten und wollen die Studios eigentlich auf eigene Faust erkunden. Da diese aber idealerweise mit einer geführten Tour besucht werden sollen schliessen wir uns dem Guide an, was sich letztlich als sehr gute Idee herausstellt. Er führt uns durch verschiedene Filmkulissen und erzählt spannendes zu den Produktionen die hier stattgefunden haben. Im Tempel von Cleopatra inszeniert er mit den anwesenden Kindern sogar eine kurze Szene und im buddhistischen Tempel zeigt er uns, in welchen Filmen er als Statist mitgespielt hat. Auch Ouarzazate wurde schon oft als Filmkulisse benutzt so zum Beispiel für Filme die im Jemen oder Somalia spielten. Da es für grosse Produktionen oftmals viele Statisten braucht werden diese meist in der Stadt rekrutiert. So sind viele Einwohner in grossen Produktionen zu sehen und auf Schulen werden einheimische im Bereich Kostüm, Bühnenbau, usw. ausgebildet. Ouarzazate ist sozusagen das Hollywood Marokkos oder eben Mollymood.
Weiter geht die Fahrt Richtung Tinghir. Unterwegs legen wir Skoura einen späten Mittagshalt ein ehe wir durch faszinierende Landschaften die Oasenstadt Tinghir erreichen. Wir fahren bereits ein paar Kilometer Richtung Todraschlucht zu unserer Unterkunft. Es ist eine kleine Herberge mit einem wunderbaren Blick auf die Oase. Da wir noch etwas Bewegung nötig haben zieht der Besitzer seinen Sohn vom Spielen ab um uns durch die Gärten zu führen. So spazieren wir durch das üppige Grün der Gemüsegärten, Oliven- und Feigenbäumen sowie Maisfeldern. Weiter führt er uns durch die verlassene Kasbah und durch weitere Gärten zurück zur Unterkunft. Er tut dies stehts mit einem Lächeln aber ohne Worte da er „nur“ Berber und Arabisch spricht. Mit dem rauschenden Bach im Hintergrund essen wir auf der Terrasse unserer Unterkunft Znacht.
Nach dem Frühstück auf der Terrasse, natürlich wieder mit Blick auf die Gärten und Felswände fahren wir weiter hinein in die Todraschlucht. An der engsten Stelle parken wir unser Auto und spazieren zu Fuss die Schlucht auf und ab. Bis zu 300 Meter hoch ragen die Felswände und unten in der Schlucht plätschert der Bach. Eine wunderbare Szenerie. Kurz darauf fahren wir zurück nach Thingir um uns mit Bargeld einzudecken und zu Tanken.
So begeben wir uns auf die dreistündige Fahrt Richtung Wüste. Schon nach kurzer Zeit sind die Strassen Menschenleer und die Landschaft ist atemberaubend. Kurz vor unserem Ziel sehen wir auf einmal am Horizont die roten Sanddünen. Unser Navi führt uns direkt zum Ksar Bicha in Merzouga, dem Ausgangspunkt unserer Wüstentour. Die Atmosphäre bei der Fahrt durch Merzouga lässt Wüstenstimmung aufkommen. Überall sieht man Männern mit Turbanen, haufenweise 4x4 Fahrzeuge und Quads. Der kleine Pool im Hotel Ksar Bicha erscheint einem irgendwie unpassend in einer solchen Gegend. Die Kinder wissen die Abkühlung aber sehr zu schätzen, während Simon noch Turbane für die ganze Familie besorgt. Um 17.00 Uhr ist es dann soweit. Mit unseren kleine Rucksäckli mit den wichtigsten Utensilien für die Nacht in der Wüste lernen wir vor den Toren des Ksar Bicha unsere Kamele (Dromedare) kennen. Die „Schmid Karavane“ besteht logischerweise aus fünf Tieren, dazu kommt noch eine zweite Karawane mit acht Tieren. Die Turbane sind festgebunden, die Rucksäcke sicher befestigt und schon geht es schaukelnd Richtung Sanddünen. Die Dünenlandschaft erstreckt sich hier über 22 Kilometer in Nord-Süd Richtung und rund 5 Kilometer in Ost-West Richtung. Die Dünen erreichen eine Höhe von bis zu 150 Metern. Schon schnell ist nichts mehr vom Touristenort Merzouga zu sehen und man wägt sich in Mitten der Sahara. Die Stille und die Sanddünen im Abendlicht sind einfach unbeschreiblich schön. Simon schiesst hunderte von Fotos, trotz dem Wissen später einmal die besten aussuchen zu müssen. Die „Schmid Karawane“ kommt gut voran und auch die Kinder geniessen den Ritt auf den Wüstenschiffen. Nach gut einer Stunde legen wir einen kurzen Halt ein ehe es nochmal rund eine Stunde weiter ins Camp geht. Die Sonne ist bereits untergegangen als wir das Camp am andern Ende der Sanddünen erreichen. Von weitem hört man einen Generator summen aber dieser tut der wunderbaren Stimmung im Camp keinen Abbruch. Wir werden mit Tee, Rosinen und kleinen Keksen willkommen geheissen. Kurz darauf können wir unser Zelt beziehen. Wobei Zelt eigentlich der falsche Ausdruck ist. Es ist mehr ein luxuriöses Hotelzimmer mit bequemen Betten und Badezimmer umgeben von einem Zelt. Wir staunen nur noch. In der Zwischenzeit ist es dunkel geworden und wir werden zum Essen gerufen. In einem noblen Restaurant-Zelt werden wir mit Berbersuppe, verschiedenen Salaten, natürlich Tajine und frischen Früchten verwöhnt. Gleich nach dem Essen setzen wir uns ans Lagerfeuer und lauschen den Klängen der Berbermusik. Schon kurz darauf tanzen wir mit den einheimischen ums Lagerfeuer. Todmüde aber glücklich und zufrieden sinken wir in unsere bequemen Betten.
Um 6.30 Uhr ist bereits Tagwache. Wir ziehen uns schnell an und spazieren ein paar Meter über die Sanddünen um den Sonnenaufgang zu bewundern. Kaum ist die Sonne da fangen die Dünen an rot zu leuchten. Ein wunderschöner Anblick. Wir schiessen wieder unzählige Fotos ehe wir uns zum Frühstück begeben. Kurz darauf steigen wir wieder auf unsere Kamele und reiten denselben Weg wie am Vortag zurück nach Merzouga. Die zwei Stunden im Sattel zollen ihren Tribut. Schon während dem reiten finden wir keine geeignete Position um bequem zu sitzen und als wir absteigen schmerzt uns allen der Hintern. Wir verabschieden uns von unseren Führern und Kamelen und dürfen zur Erfrischung nochmal den Pool nutzen.
Um den Mittag herum verlassen wir die Sanddünen und fahren Richtung Norden. Wir fahren durch Wüstenlandschaften und Oasen, vorbei an einem Stausee und durch den eindrücklichen Ziz Canyon, überqueren den hohen Atlas und erreichen nach vier Stunden Fahrt unsere Unterkunft ausserhalb von Midelt. Während der Fahrt hören wir Geschichten und Musik und Sandro schläft noch eine Runde. Die langen Fahrten mit den Kindern funktionieren übrigens zum grossen Teil dank einer SIM Karte von Maroc Telecom und Spotify. Nach ein wenig baden im Pool und einem feinen Nachtessen sind alle müde genug um ins Bett zu gehen.
Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Raststätten-Feeling stellen wir das Navi Richtung Azrou ein. Schon nach kurzer Zeit sind entlang der Strasse die ersten Bäume zu sehen und auch die Esel sehen besser aus als in der Wüste. Wir kommen auf eine Hochebene auf rund 1800 Meter des Mittleren Atlas und geniessen die wechselnde Landschaft. Kurz vor Azrou entdecken wir am Strassenrand die ersten Berberaffen. Wir spazieren ein wenig durch den Zedernwald und schauen den Affen zu. Natürlich könnten wir noch Futter für diese kaufen, wir lassen es aber sein und sind der Meinung, dass die Verkäufer besser den Müll wegräumen würden der überall rum liegt. In Azrou setzen wir uns auf die Terrasse eines Restaurants um uns ein bischen zu orientieren. Weil Simons Flipflops kaputt gegangen sind spazieren wir durch die Geschäftsstrassen um neue zu finden. Jedoch erfolglos. Am Dienstag findet jeweils der Souk statt. Wir fahren mit dem Auto dorthin, es „gluschtet“ uns aber nicht auszusteigen und so fahren wir weiter Richtung Ifrane. Ifrane wird auch die Schweiz Marokkos genannt. Es erinnert uns aber eher an einen französischen Skiort. Alle Dächer de Gebäude sind mit roten Ziegeln gedeckt, es ist grün und hat viele Bäume und überall ist es piekfein sauber. Es wirkt für uns alles irgendwie surreal. Wir staunen plötzlich ab jedem Baum und jeder Blume. Ifrane wurde in den 1930er Jahren von den Franzosen erbaut und zahlreiche grosse Arbeitgeber unterhalten hier Ferienapartments. Zudem ist eine angesehene Universität hier angesiedelt. Wir spazieren durch das hübsche Städtchen und fühlen uns irgendwie in einer andern Welt.
Nach diesem nicht ganz marokkanischen Erlebnis geht die Fahrt weiter Richtung Fés. Beim runterfahren Richtung Stadt fährt lange Zeit ein Lastwagen mit rund 25 km/h vor uns. Da es kurvig ist, ist die ganze Strecke mit einer Sicherheitslinie markiert. Da dies bislang auch nie jemanden kümmerte überholen wir den Lastwagen. Unten am Berg wartet dann die Polizei, welche uns natürlich raus winkt. Sie haben von unten alles schön beobachtet. Uns wird erklärt, dass dies ein schlimmes Vergehen sei und 400 Dirham (ca. CHF 36.--) kosten würde, sowie für Marokkaner 4 Punkte gäbe. Für Ausländer wie uns koste es einfach 400 Dirham. Simon zeigt sich einsichtig und bekennt sich schuldig aber kurz darauf wechselt das Gespräch zur Frage, ob wir das erste Mal in Marokko seien und wie es uns gefalle. Natürlich schwärmen wir wie es uns gefällt (stimmt ja) und so erklärt uns der Polizist, dass wir die Aufgabe hätten allen zu erzählen wie schön Marokko sei und alle dazu zu motivieren sollen hier hin zu reisen. So lasse er das mit der Busse jetzt sein und wir sollen die Ferien weiterhin geniessen und weiterfahren. Gesagt getan. Keine 10 Minuten später werden wir vor einem Kreisel nochmal von der Polizei angehalten. Die Fahrzeugpapiere und der Führerausweis werden ausgiebig geprüft aber ohne weiteren Kommentar können wir unseren Weg fortsetzen. Ganz vorsichtig fahren wir in die Stadt Fés rein. Übrigens gibt es fast bei jedem grösseren Ort in den wir reinfahren Polizeikontrollen, bislang wurden wir aber immer freundlich durchgewunken. Um zu unserer Unterkunft in der Medina zu gelangen müssen wir die ganze Stadt durchqueren. Dies verläuft aber reibungslos und so erreichen wir fast das Restaurant in welchem wir die Schlüssel bekommen. Kurz vorher werden wir darauf hingewiesen, dass wir auf dem Parkplatz zu parken hätten und nicht weiterfahren dürfen. So stellen wir das Auto hin, bezahlen aber, unter weiser Vorsicht noch keine Parkgebühr und begeben uns zu Fuss zum Restaurant. Dort angekommen werden wir schon Aziz in Empfang genommen. Er fragt uns wo wir geparkt hätten und wir erklären es ihm. Er meint dann, dass wir näher hinfahren können und kommt mit zum Auto um dies zu regeln. So verlassen wir den Parkplatz wieder und fahren noch näher an die Medina ran. Es gab dann eine kurze Diskussion unter Einheimischen zu dem Vorfall, uns kann es aber egal sein und wir bezahlen die Parkgebühr für zwei Nächte. Dank der Begleitung zum normalen Tarif. Aziz und Mohammed führen uns durch enge Gassen zu unserer Unterkunft. Die kleine Eingangstür befindet sich zwischen zwei Geschäften und eine enge Treppe führt hoch in die Wohnung. Es ist eine unheimlich schöne Wohnung und wir kommen uns vor wie in einem Palast. Sogar eine Dachterrasse hat es. Fürs Abendessen spazieren wir ein wenig durch die Gassen zum Restaurant von Aziz wo wir auf der Dachterrasse mit lokalen Köstlichkeiten verwöhnt werden.